22.11.2013

Ausarbeitung zum Themenbereich: „Rentenpolitik“

Ausarbeitung zum Themenbereich: „Rentenpolitik“
(Verantwortlicher Verfasser: Oliver Antretter)

Vorschläge zur Bekämpfung der Altersarmut durch sozial gerechte Renten und Anerkennung der Lebensarbeitsleistung

Allgemeines – Einleitung

Die Rentenerhöhungen hinken der Preissteigerungsrate weit hinterher und die Schere zwischen Armut und Reichtum geht immer weiter auseinander. Viele Menschen haben Angst vor dem wohlverdienten Ruhestand und einen damit verbundenen möglichen Verlust des Lebensstandards. Ich möchte den Leser dieses Schreiben dazu auffordern, sich selbst in die Situation zu versetzen, um zu empfinden, wie es wohl sein mag eine Behörde aufsuchen zu müssen, um finanzielle Unterstützung zu erhalten, obwohl man sein Leben lang gearbeitet  und daher auch zum Funktionieren des Staatsystems bzw. zum Wirtschaftswachstum beigetragen hat. Auch wenn das Einkommen durchschnittlich war, vielleicht aber auch zu gering, um sich selbst privat für den Ruhestand vorsorgen zu können, ist man plötzlich auf staatliche Fürsorge angewiesen, weil man vielleicht die Miete nicht mehr bezahlen kann. Dies bedeutet, neben der Angst die Wohnung zu verlieren, für einen persönlich einen extremen gesellschaftlichen Abstieg und „Gesichtsverlust“, auch gegenüber den eigenen Verwandten und Bekannten. Der eigenen (Alters-)Armut kann ein Rentner, im Gegensatz zu Menschen im  erwerbsfähigen Alter, aufgrund des eigenen hohen Alters, gegebenenfalls Verbunden mit Krankheiten, nicht mehr entgegenwirken.

Der Tod des Lebenspartners hat für viele Menschen Altersarmut zur Folge: Die Rente ist dann so knapp, dass die gerade noch bezahlbare Wohnung nicht mehr verlassen wird, da man sich z.B. den Besuch eines Kinos oder die Teilnahme an einer Veranstaltung, samt dem Weg dorthin, nicht mehr leisten kann. Vor allem alleinstehende Seniorinnen sind von der Altersarmut betroffen, da sie aufgrund von Geburten nicht selten unterbrochene Erwerbsbiografien vorweisen können oder als Geringverdienerinnen tätig waren. Die psychische Belastung durch Altersarmut und die daraus konsultierenden Vereinsamung zeigen die steigenden Zahlen von psychischen Erkrankungen und Suiziden bei Senioren beiderlei Geschlechts.

Derzeit gelten in Bayern ca. 405.000 Menschen über 65 Jahre als arm. Es soll daher gesamtgesellschaftliches und politisches Ziel sein, zu verhindern, dass die zunehmende Anzahl von Rentnern, die auf soziale staatliche Unterstützung zu Lasten der Steuerzahler angewiesen ist, zumindest nicht erhöht wird. Im Folgenden werden Möglichkeiten geschildert, die zur Vermeidung von Altersarmut beitragen und Wege aufgezeigt, wie diese finanziert werden können.  

Aussetzen der Rentendämpfungsfaktoren

Die für die Rentenkürzung verantwortlichen, im allgemeinen als „Rentendämpfungsfaktoren“ bezeichneten Ursachen, sollen ausgesetzt werden, insbesondere dann, wenn die rechtlich vorgeschriebenen Rücklagen der gesetzlichen Rentenversicherung  (GRV) erreicht sind (27 Mrd. €). Der derzeitige Überschuss in der GRV beträgt über 30 Mrd. € und die Steuereinnahmen sind in den letzten Jahren unerwartet hoch ausgefallen. Jährliche Zuschüsse für die GRV aus dem Bundeshaushalt, deren Kürzungen immer wieder diskutiert wird, sollten kein Problem für eines der reichsten Länder der Erde darstellen.

Aufgrund der gefüllten Rentenkasse konnte sogar zum zweiten Mal in Folge der Rentenversicherungsbeitrag gesenkt werden. Trotz der absolut positiven Haushaltslage der GRV gibt es 2013 für die Rentner lediglich eine Rentenerhöhung von 0,25 %, was der Teuerungsrate um mindestens 1,20 Prozent hinterherhinkt. Aufgrund der oben erklärten Tatsachen verstehen die Rentenempfänger und Wähler nicht, warum die Rentenerhöhung so gering ausfällt.

Ein Ausgleichsbedarf gem. §§ 68 a SGB VI i.V.m. § 255 d SGB VI der von den Rentnern abverlangt wird, muss daher ausgesetzt werden, vor allem dann, wenn eine Begründung für das Anwenden der Rentendämpfungsfaktoren für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar ist.  Eine Aussetzung der Rentendämpfungsfaktoren hätte bis zum Stichtag der Rentenerhöhung, 01.07.2013, herbeigeführt werden müssen.

Orientierung der jährlichen Rentenanpassung anhand der Teuerungsrate für einen  „Warenkorb Senioren“

Seit dem Jahr 2000 gab es für die Westrentner vier „Nullrunden“. Die Inflationsrate betrug im selben Zeitraum 17 % (im Osten 22 %). Die Kaufkraft der Rentner sank in den letzten 10 Jahren um 9,3 % ab. Während das Renteneintrittsalter sukzessive steigt, senken sich also demgegenüber die Höhe der Rente und deren Kaufkraft ab.

Rentner benötigen, neben der Möglichkeit die eigene Miete zahlen zu können, vor allem Waren des täglichen Bedarfs, wie Lebensmittel, Energie aber auch selbst erworbene Medikamente, die immer teuerer werden. Technische Geräte, wie Computer und Hightech-Fernsehgeräte, die von älteren Menschen eher weniger benötigt werden, sind im allgemeinen „Warenkorb“ für die Berechnung der Teuerungsrate berechtigt enthalten. Diese dämpfen  jedoch die Teuerung des allgemeinen „Warenkorbs“, im Gegensatz zur Preisentwicklung der Waren des täglichen Bedarfs.

Besonders die Energiewende bekommen Rentner teuer zu spüren, die vielmals ältere Haushaltsgeräte oder Kraftfahrzeuge verwenden und sich neue energiesparende Geräte nicht leisten können. So erhöhten sich die Strompreise von Dezember 2001 bis November 2011 um durchschnittlich 66,1 % und Heizöl/Verbrennungsstoffe um 85,3 % (Angaben Statistischen Bundesamt). Aufgrund der positiv zu bewertenden Energiewende, erfolgt 2013 die Erhöhung der EEG-Umlage um ca. 7,6 %, plus den üblichen Strompreiserhöhnungen, was vor allem  Stromverbraucher mit geringem Einkommen und Senioren hart trifft.

Ziel:

Eine Rentenerhöhung soll sich mindestens an der üblichen Preissteigerungsrate orientieren. Die jährliche Berechnung soll auf einen eigens für Senioren entwickelten „Warenkorb Senioren“ basieren. Die Erhöhung der Rentenbezüge soll sich anhand der höheren Preissteigerung, also entweder am allgemeinen „Warenkorb“ oder „Warenkorb Senioren“, orientieren.

Absenken der Mehrwertsteuer auf Medikamente von 19 % auf höchstens 7 %

Die Mehrwertsteuer auf Medikamente beträgt derzeit 19%. Die Bundesrepublik Deutschland steht damit weltweit ziemlich alleine an der Spitze, was den Steuersatzes aber auch die Medikamentenpreise selbst betrifft. Andererseits bezahlen beispielsweise Tierliebhaber für Hundefutter und Blumenfreunde für Schnittblumen lediglich 7 % Mehrwertsteuer. Dies ist nicht gerechtfertigt und zeigt die Geringwertschätzung des Staates an der Erhaltung menschlicher Gesundheit seiner Bürger.

Wie bekannt ist, wird unsere Gesellschaft, auch Dank der hervorragenden medizinischen Versorgung und Entwicklung, immer älter, was eine zahlenmäßige Zunahme der Senioren zur Folge hat. Diese gesellschaftliche Gruppe ist vielmals auf Medikamente angewiesen, die auch selbst erworben werden müssen. Eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente hilft daher kranken Senioren, vor allem bei Zuzahlungsmedikamenten und beugt einer Zweiklassengesellschaft zwischen Menschen, die sich Medikamente leisten und nicht leisten können, vor.

Aufgrund der wachsenden Bevölkerungsgruppe von Senioren und des daher wachsenden Bedarfs an medizinischer Versorgung kann sicherlich auch mit erhöhten gesetzlichen Krankenversicherungsbeiträgen in Zukunft gerechnet werden. Ein Beitragsanteil davon ist vom offensichtlich zu schützenden Arbeitgeber leider bei 7,3 % eingefroren. Eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente könnte daher auch zur Minderung von Krankenversicherungsbeitragserhöhungen beitragen.

Sonstiges:

  • Förderung von seniorengerechtem Wohnen

  • Gesetzliche Prüfung von Alten-/Seniorenheimkosten bezüglich Heimkosten. Es kann nicht sein, dass die monatliche Versorgung in einem Seniorenheim beim Pflegefall kostspieliger ist, als beispielsweise der Urlaub in einem Luxushotel. Die Pflegekräfte sind dabei sicherlich nicht die Gutverdiener! In Punkto Pflege wird auf die Tätigkeit eines weiteren CSA-Arbeitskreises in der Landesvorstandschaft verwiesen.

Finanzierung des Programms zur Verhinderung der Altersarmut

Erhöhung der Rentenbeitragsbemessungsgrenze

Die Beitragsbemessungsgrenze für Rentenversicherungsbeiträge liegt derzeit bei einem Jahreseinkommen von 69.600 €. Sehr viele Spitzenverdiener, wie Unternehmer, Ingenieure, leitende Angestellte in der Versicherungsbranche und Menschen in Führungspositionen usw. zahlen für deren Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze keinen Beitrag in die GRV ein.

Eine Anhebung der Betragsbemessungsgrenze für Spitzenverdiener, was auch dem Gleichheitsgrundsatz gem. Art. 3/I GG entsprechen würde, bedeutet sicherlich keine Einschränkung der eigenen privaten Lebensgestaltung der betroffenen Besserverdiener und könnte sinnvoll zur Verhinderung von Alterarmut verwendet werden.

Sicherlich könnten weitere Einnahmen, z.B. durch eine Reform der Abgeltungssteuer oder Vermögenssteuer diskutiert werden.

Änderung des Verwendungszwecks des Solidaritätszuschlages

Diesbezüglich wurde bereits ein Antrag der CSA – Bezirksvorstandschaft Niederbayern dem CSA-Landesvorstand vorgelegt.

Der Solidaritätszuschlag ist eine ergänzende Abgabe zur Einkommens- und Körperschaftssteuer in Höhe von derzeit 5,5 Prozent und wurde 1991 zur Finanzierung der Wiedervereinigung eingeführt. Seine rechtliche Grundlage basiert auf dem Solidaritätszuschlaggesetz, SolzG. (Anmerkung: Soli 1995-1997: 7,5 %)

Die dadurch eingenommenen Gelder stehen zur alleinigen Verwendung dem Bund zu, welcher daraus nicht nur die Deutsche Einheit finanziert, sondern auch andere Länder wie etwa in Mittel-, Ost- und Südosteuropa unterstützt, bzw. unterstützt hat.

Über den Sinn des Solidaritätszuschlages und sein Fortbestehen werden ständig heftige Debatten geführt. Eine Abschaffung ist, gemäß BVerfG – Entscheidung, derzeit nicht möglich. Im Zeitraum von 1991 bis 2007 wurden beispielsweise rund 165 Milliarden Euro  über diese Zusatzsteuer eingenommen (2011 ca. 14,2 Mrd. €), deren Verwendung nicht wirklich geklärt ist.

Es sollen daher folgende Punkte überprüft und bearbeitet werden:

  • Überprüfung des derzeitigen Verwendungszwecks des Solidaritätszuschlages

  • Zukünftige Verwendung zur Vermeidung der Altersarmut (1,6 Mio. Menschen in Bayern gelten als arm)

  • Zukünftige Verwendung zur Stabilisierung der Renten und Abschaffung der Rentendämpfungsfaktoren (Riester-, Nachhaltigkeitsfaktoren, die sich letztendlich in der Schutzklausel widerspiegeln)

  • Unterstützung der gesetzlichen Pflegeversicherung, hinsichtlich der Zunahme der Pflegebedürftigkeit (1999-2009 um ca. 6 %).

Arbeit muss sich lohnen

Diese bestehende CSA-Forderung, die jedoch erheblich Einfluss auf die Rentenhöhe hat, wird hier nur am Rande erwähnt, da die Begründung bekannt ist. Fest steht: Wer im Niedriglohnsektor tätig ist, das ist derzeit jeder 5. Arbeitnehmer und vielleicht schon jetzt als „Aufstocker“ auf ergänzende Leistungen vom Jobcenter angewiesen ist, um seine Familie gerade noch so durchzubringen, kann definitiv selbst nicht privat für das eigene Alter vorsorgen. Selbst eine Riesterrente ist zu teuer. Insbesondere Frauen und Leiharbeitnehmer haben geringe Einkommen. Beschäftigte von Zeitarbeitsfirmen werden, trotz anderer Regelung im AÜG, nicht nur kurze Zeit zur Abarbeitung von  Produktionsspitzen in einer Firma eingesetzt, sondern das Prinzip „equal payment – equal treatment“ wird durch fadenscheinige Tarifverträge, bzw. durch Werkverträge, elegant umgangen. Ein Leiharbeiter hat nur eine geringe Chance in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden. Eine Gesetzesänderung zu Gunsten der Arbeitnehmer und eine härtere Sanktionierung für Verantwortliche von Zeitarbeitsfirmen bei rechtswidrigen Handlungen soll daher im Interesse des Christlich SOZIALEN Union stehen.  

Ca. 4,6 Mio. Arbeitnehmer sind derzeit im Niedriglohnsektor tätig. Diese Menschen werden, falls die Anzahl nicht gesenkt werden kann, zu einer großen staatlichen Herausforderung hinsichtlich der Bekämpfung der Altersarmut werden, wenn sich diese im Ruhestand befinden. Die Bundesregierung, aber auch die Landesregierungen, müssen dem entgegenwirken und sich Positionieren.

Zusammenfassung

Es wurde hier, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ein kleines, realisierbares Programm zur Vermeidung von Altersarmut zusammengestellt. Dieses könnte,  nach Diskussion im CSA-Landesvorstand und ggf. erfolgter Abstimmung, zumindest in einzelnen Punkten, an zuständige Stellen weitergeleitet werden.

Auf die kaum mit der eigenen  Rente bezahlbaren Kosten, z.B. beim Eintritt eines Pflegefalls und der meist unzureichenden Unterstützung aus der Pflegeversicherung, wurde nicht eingegangen. Außerdem wurde die bereits von der CSU favorisierte Einführung der Mütterente bezüglich der vor 1992 geborenen Kinder nicht behandelt. Wichtig ist jedoch, dass  deren Finanzierung von der CSU noch vor den Wahlen geregelt wird um bei den Wählern an Glaubwürdigkeit zu gewinnen.  

Mit freundlichen Grüßen!

Deggendorf, 01.04.2013

Oliver Antretter
CSA – Orts-  und Kreisvorsitzender Deggendorf
CSA- Stellv. Bezirksvorsitztender Niederbayern
CSA-Landesvorstandsmitglied
VdK – Orts- und Kreisvorsitzender Deggendorf