60 Jahre CSA-Straubing
Zeitungsbericht vom 11. September 2013, Straubinger Tagblatt:
Verantwortlich für die Leberkäs-Etage
CSA feiert 60-jähriges Bestehen – Festrednerin Barbara Stamm
Mit einem einprägsamen Beispiel aus dem Alltag machte Landtagspräsidentin Barbara Stamm bei der Feier des 60. Geburtstags der CSA (Christlich Soziale Arbeiternehmerschaft) am Montagabend im Landgasthof Reisinger in Sossau deutlich, worum es in diesem Verband geht. Als sie selber 1987 von Franz Josef Strauß als Sozialstaatssekretärin erstmals ins bayerische Kabinett berufen worden sei, habe ihr Strauß ans Herz gelegt: „Sie sind jetzt für die Leberkäs-Etage verantwortlich." Wer da im Publikum noch ein wenig verdutzt schaute, erhielt rasch Aufklärung. Als Erich Kiesl in München nach sechs Jahren den OB-Sessel für die CSU verlor, habe Strauß das ihr gegenüber so kommentiert:„Wenn wir nur in der Sekt-Etage unterwegs sind, können wir keine Wahl gewinnen.“ Am Montagabend war Barbara Stamm – wenn man so will – in der Leberkäs-Etage präsent als Festrednerin zum runden Geburtstag der CSA. In einem fast einstündigen Vortrag – ohne Manuskript – streifte Stamm so gut wie alle sozialpolitischen Baustellen und wurde, dem anhaltenden Applaus nach – ihrem Ruf als gestandene Sozialpolitikerin gerecht.
Als zentrale soziale Frage definierte Barbara Stamm, wie die Gesellschaft mit Menschen umgehe, die in der Nachkriegszeit Aufbauarbeit leisteten. Damit spielte sie auf die Anrechnung von Erziehungszeiten auf die Rente für Mütter vor 1992 an. Wenn es nach der CSU gehe, dann werde ab 2014 zunächst ein weiteres Anrechnungsjahr rückwirkend angerechnet, was 330 Euro pro Kind im Jahr ausmache. Dringend müsse mehr Geld in die Verbesserung der Pflege investiert und Pflegekräften höherer Stellenwert verschafft werden. Eine Erhöhung der Pflegeversicherungsbeiträge sei nötig, dürfe die junge Generationaber nicht überfordern. Von zehn Pflegebedürftigen würden sieben in der Familie gepflegt, meist vom ebenfalls schon betagten Ehepartner, so Stamm, die bei der Gelegenheit forderte, der Medizinische Dienst müsse unabhängiger von der Krankenversicherung werden. Pflegende Familienangehörige hätten es schwer genug und müssten oft um Hilfsmittel lange kämpfen.
Mindestlohn ja, aber nicht gesetzlich verordnet.
Über Mindestlohn habe die CSU schon lange geredet, allerdings nicht gesetzlich verordnet. „Wir müssen stattdessen die Tarifvertragsparteien an ihre Verantwortung erinnern." Tatsächlich müssten Menschen von dem, was sie erarbeiten, leben können. Es sei nicht zu bestreiten, dass es prekäre Arbeitsverhältnisse gebe.
Zum Schlagwort Familiensplitting sagte sie, dies dürfe nicht zulasten des Ehegattensplittings finanziert werden. „Wir brauchen Toleranz gegenüber Lebensgemeinschaften, aber es kann nicht sein, dass wir dafür unsere Wertorientierungen aufgeben." Zum Erhalt des Mittelstandes als Rückgrat der bayerischen Wirtschaft sprach sie sich gegen eine Erhöhung der Erbschaftssteuer aus. Dem Betreuungsgeld, „für das bayernweit schon 5000 Anträge vorliegen", gab sie Rückendeckung als Angebot neben Krippen. Betreuungsgeld schließe eine Berufstätigkeit der Mutter nicht aus, forderte sie eine Entideologisierung dieser Frage. Der SPD-Forderung nach einer Gemeinschaftsschule erteilte sie eine Absage, denn das Schulsystem sei durchlässig. Schon jetzt kämen 40 Prozent der Studenten nicht über das allgemeine Abitur. Zur sogenannten Verwandtenaffäre sagte sie nichts, aber orakelte, dass jeder guten Willens, aber keiner vollkommen sei.
„Das soziale Gewissender CSU"
Eingangs hatte CSA-Kreisvorsitzender Ulrich Schultes die CSA als, "das soziale Gewissen der CSU" charakterisiert, Mitglieder für langjährige Treue geehrt und Ehrenvorsitzenden Franz Bast begrüßt, der den Verband bisher am längsten, nämlich 16 Jahre lang, geführt hat. Er lud das Publikum zu einer Zeitreise ins Straubing der fünfziger Jahre ein – als das Kaufhaus Paul für den Muttertag mit einem Bund Kochlöffel für 35 Pfennig warb, im Burgkino „Der Würger" von Edgar Wallace lief und die Männer zur Sandbahnmeisterschaft pilgerten. Er skizzierte die damaligen Anfänge der CSA, als sich Gewerkschaften, Unternehmerverbände und Arbeitnehmergruppe gemeinsam in ein Boot begaben, wissend, dass man nur miteinander etwas erreichen könne.
Unter die CSA-Gratulanten mischte sich auch MdL Josef Zellmeier, der die sozialpolitische Vorreiterrolle der CSA würdigte, die nie spaltend gewirkt habe. CSU-Kreisvorsitzender OB Markus Pannermayr würdigte die Bedeutung der Solidarität als Balance-Instrument dieser Gesellschaft. Und CSA-Bezirksvorsitzender Matthäus Strebl machte deutlich, dass die sozialpolitische Bilanz in Deutschland deutlich besser ausfalle als mancher glauben wolle. Er nannte Tarifautonomie, Betriebsverfas-ungsgesetz, Kinder- und Erziehungsgeld, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und die Pflegeversicherung „das wertvollste politische Tafelsilber". Die Menschen könnten von der CSA Antworten auf aktuelle Herausforderungen erwarten, um „den Sozialstaat ohne ideologische Scheuklappen aber wertgebunden wetterfest zu machen".
Abschließend stellte Holger Frischhut den Landtagskandidaten Josef Zellmeier und Hans Ritt, den Bezirkstagskandidaten Franz Schedlbauer und Markus Pannermayr und Bundestagskandidat Alois Rainer locker ein paar Fragen unter anderem zu politischen Vorbildern. Dass Franz Josef Strauß dabei mehrfach genannt wurde, dürfte keine Überraschung sein, wohl aber Prinzregent Luitpold, der Josef Zellmeier wegen seiner Volksnähe beeindruckt.
-mon-